SAC Sektion Zermatt
Getroffen haben wir uns am Mittwochabend im tief verschneiten Ronco im Bedrettotal.
Schon auf dem Parkplatz wurden wir von grimmigen Schwyzer SAC-lern empfangen. Trotz Startvorsprung wurden wir im Wald von dieser Gruppe durchkreuzt und unsere Gruppe vermehrte sich auf wunderbare Weise. Gott sei dank machte der verbissene Leiter (nicht Zeiti) bald eine Pause, so dass wir ihm seine Schäfchen zurückgeben konnten. Dann trennten sich unsere Wege und wir überquerten die Grenze nach Italien unter den Argusaugen eines Adlers mit zwei grossen weissen Flecken unter den Flügeln. Nach einer kurzen Rast ging es richtig los. Stürmische Böen rissen unserem Leiter die Brille von der Nase. Niemand hörte seine Hilfeschreie. Dank einer halsbrecherischen Abfahrt unter Lebensgefahr konnte zumindest der Rahmen gerettet werden. Weiter, mit dem Wind kämpfend, die Frauen fest haltend, damit sie uns nicht weggeblasen wurden, stürmten wir das Helgenhorn. Oben angekommen genossen wir das Panorama der Berner Alpen.
Zwanzig Zentimeter Champagner Pulver hatten wir bei der Abfaht nicht. Schön wars trotzdem. Nur der Bruchharscht fehlte. Beim Stausee angekommen, fanden wir vor lauter Schneemassen die Hütte Maria Luisa kaum. Auch der Hüttenwart war zuerst unauffindbar. Andere Gäste hatte es auch keine: wir hatten die ganze Hütte für uns! Mit Pannini, Zuppa, Capuccino, Schnupf, Grappa, Geneppi usw. verging die Zeit im Fluge. In geheizten Separés verbrachten wir die Nacht.
Zuerst hiess es aufstehen und ein typisch italienisches Hüttenfrühstück mit gefrorenem Nutella und gestandenem Kuchen zu geniessen. Dank dem guten Z’Nacht hatten wir aber genügend Energiereserven uns in den kalten Nordwind zu stürzen. Trotz einiger Spitzkehrübungen gab es kurz vor der Kastelllücke noch einen Rückschlag, den wir aber locker wegsteckten. In der Sonne ging es über den Gletscher Richtung Gipfel, die letzten Meter zu Fuss. Das Resultat des Gipfelsturmes: kalte Finger, gefrorene Füsse und weisse Nasen. Trotz dieser widrigen Umstände wurde auf den Gipfeltrunk nicht verzichtet. Dann wollte jeder nur noch schnell runter in die Wärme der Hüttenterasse. Geschickt führte uns Zeiti durch das Labyrinth der Schneeverwehungen (Zastrugis). Der Schnee war wie die Frauen: man(n) weiss nie was einen erwartet, aber irgendwie ist es doch immer schön. Durch eine letzte Tropfsteinhöhle ging es zur Capanna Basodino (mit und ohne Bschiss). Eine wunderschöne Sonnenterasse winkte uns – sie war aber leider steinbockkalt.
Abends, nach stundenlanger Diskussion entschied Hanni, dass wir am nächsten Tag spontan auf die Capanna Cristallina gehen werden. Doch hatten wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht: die Hütte war nämlich voll (110 Leute). Als Trost gab es ein Bombardino und Schokolade.
Nach einer langen Nacht mit 10 Stunden Schlaf, kurz unterbrochen durch Läxs Suche nach der Stirnlampe, mussten wir wohl oder übel aufstehen. Zum Frühstück gab es gewärmtes Brot (was war wohl mit dem Zopf passiert, den wir am Vorabend erspäht hatten?). Ein paar Schritte von der Hütte weg und der Wind blies uns fast aus der Bindung. Kurzfristig wurde der Plan geändert: ab in die Sonne! Doch auch hier gab es Sturmböen und wir mussten uns warm anziehen. Ganz nach dem Motto: Grind embri und secklu. Zeiti versuchte zwar unterweges noch alle zu bekehren, hatte aber keine Chance und so ging es halt weiter Richtung Marchhorn. Passend zum Gipfelnamen ging uns den ganzen Tag der Wind durch March und Bein. Nach kurzer Gipfelrast brausten wir unter dem scharfen Blick der Gämsen zur Hütte zurück, ständig auf der Suche nach ein paar Sulzschwüngen. Es reichte immerhin für zwei Schwünge für jeden… Die Terasse war immer noch steinbockkalt und so assen wir halt drinnen ein herrlich mundendes Risotto. Dann wurde der Tourenbericht geschrieben, kurz unterbrochen von Zeitis obligatem Mittagsschlaf. Abends bildeten wir uns weiter über Eisbären und Pinguine.
Um es vorweg zu nehmen: auch heute war der Wind unserer treuer Begleiter. Anfangs ging es durch eine idyllische Schlucht bis ein Fuchs uns den Weg versperrte. Aufgeschreckt durch uns sechs vermummte Gestalten suchte er aber schnell das Weite. Nach dem Lago Bianco gings steil hinauf und wir waren froh, dass die Schneeschuhläufer nicht vor unsere Füsse fielen. Nach einer kurzen Fellabfahrt, nicht Fehlabfahrt, sahen wir rechts in windiger und schwindeleregender Höhe den Cristallino, links die Capanna Cristallina und wir waren mitten drin. Nachdem wir die letzten Tage praktisch alleine unterwegs gewesen waren, war dies nun vorbei: schätzungsweise 110 Leute hatten das gleiche Ziel wie wir. So nahmen wir den letzten steilen Aufstieg in Angriff. Spitzkehre um Spitzkehre näherten wir uns dem Piz. Obwohl wir alles gaben überholte uns noch so ein Fritz in sexy Hösli. Unglaublich aber wahr: auf dem Gipfel war es fünf Minuten windstill und wir genossen den Bick auf die schönsten Berge der Welt (Richtung Südwesten…). Steil gings dann runter zur Hütte, wo wir uns in der Kantine zusammen mit ein paar taubstummen Alpinisti Kaffee und Kuchen gönnten. So fellten wir schnell wieder von dannen. In der Lücke hiess es «same procedure as every day», nämlich Fell und Harscheisen weg, Jacke anziehen und runter. Das machten wir dann noch einmal bevor wir Bekanntschaft mit einem Räuber machten. Aus fahndungstechnischen Gründen wird sein Name hier aber nicht verraten. Im Chnusperpulver ging es runter zum Auto. Mit einer gemeinsamen Polenta verabschiedeten wir uns vom schönen Bedrettotal.
Es bleiben uns schöne Erinnerungen an vier herrliche Tourentage mit gemütlichen Hüttenaufenthalten. Danke Zeiti.