SAC Sektion Zermatt
Mit zwei Autos fahren wir am Sonntag Nachmittag via Simplonpass, Omegna am Lago d’Orta, Passo La Colma nach Varallo im Val Sesia und von dort ins Seitental Val Mastallone. Gegen 17 Uhr kommen wir in der Walsersiedlung Rimella/Remmalju an und beziehen im Albergo Fontana unsere nett eingerichteten Zimmer. Rimella umfasst acht ganzjährig bewohnte Weiler; unser Albergo liegt im Ortsteil Chiesa oder „Chilchu“ (1181 m). Den Aperitif nehmen wir bei Piera im oberen Dorfteil ein. Piera gehört zur älteren Generation, die noch „Tittschu“ spricht und sich mit den Gästen gerne über die Walser austauscht. Wir werden hier noch einige Male einkehren.
Schon am ersten Abend geniessen wir die hohe Kochkunst, die in unserem Albergo gepflegt wird, und stellen fest, dass wir tagsüber wacker wandern müssen, um die zu uns genommenen Kalorien wenigstens teilweise abzuarbeiten. Jeden Abend werden wir verwöhnt mit vier bis fünf köstlichen, fantasievoll zusammengestellten Antipasti, plus Risotto, Pasta, manchmal Suppe, einem Hauptgang mit Fleisch, Gemüse und Kartoffeln sowie mit den Nachspeisen Käse und/oder Dolci zur Auswahl. Dazu geniessen wir den Hauswein.
Alfons kennt hier alle Wege und demzufolge Wanderungen für jede Wetter- und Schneelage. In dieser wilden Landschaft finden sich lediglich zwei Arten von Wegen: Steil hinauf oder steil hinunter; flach ist hier nichts. Unsere erste Wanderung am Montag führt uns bei Sonnenschein und kaltem Wind zu den Alpen Scarpiola und Pianaronda, von dort weglos durch Alpenrosenstauden, die in einigen Wochen einen ganzen Hang rot einfärben werden, zum Kreuz auf dem Stutz (1709 m), einem wunderbaren Aussichtspunkt: Hier zeigen sich sogar das Rimpfischhorn und sämtliche Gipfel des Monte Rosa-Massivs. Die bereits blühenden oder erst langsam „erwachenden“ Pflanzen werden von Köbi jeweils vor Ort bestimmt. Nach dem langen Winter ist die Natur im Rückstand, doch alle Blumenfreunde kommen in dieser Woche voll auf ihre Rechnung.
Für Dienstag und Mittwoch verspricht die Wetterprognose nichts Gutes. Am Dienstag wandern wir gut ausgerüstet und bei leichtem Regen erst hinab zur Brücke über den Fluss „Landwasser“ (Angabe auf der lokalen Übersichtstafel). Über Roncaccio inferiore und superiore steigen wir auf einem romantisch anmutenden Waldweg stetig steil hinauf zur Alpe Res (1419 m). Für das kurze Picknick sind die trockenen Plätze unter den Vordächern der Alphütten am begehrtesten. Danach geht es hinunter ins Nachbartal mit dem Hauptziel Fobello. Unterhalb von Belvedere treffen wir zufällig auf einen Schulbus, der soeben Kinder nach Hause gebracht hat, und wir dürfen bis Fobello mitfahren. So ersparen wir uns ein Wegstück entweder im nassen Gras oder auf der Asphaltstrasse. Bevor wir mit dem Linienbus zurück nach Rimella fahren, können wir sogar noch einen Kaffee trinken, denn der Wirt setzt eigens für uns die Kaffeemaschine in Gang. Mittlerweile hat der Regen aufgehört.
Am Mittwoch fahren wir mit dem Linienbus nach Varallo. Kulturtag. Zuerst besichtigen wir in der Kirche Santa Maria delle Grazie die berühmten Fresken (Leben Christi) von Gaudenzio Ferrari, der von 1521 bis 1524 in Varallo tätig war. Danach wandern einige auf den Sacro Monte (frühes 16. Jh.), Varallos berühmteste Sehenswürdigkeit und seit 2003 Unesco-Weltkulturerbe; andere geniessen die Gassen und Plätze der freundlichen kleinen Stadt sowie die Angebote an Kaffee und Gelati.
Der Regen vom Dienstag brachte in den höheren Lagen noch einmal Neuschnee. Bevor wir uns am Donnerstag auf den Weg machen, besuchen einige die Fronleichnamsmesse, die in einer Rekord verdächtigen Eile „abgewickelt“ wird. Unser Ziel ist die Alpe Pianello (1801 m) mit einem kleinen Rifugio des CAI. Hier oben vermischt sich der Neuschneematsch mit den noch reichlich vorhandenen Altschnee-Flecken. Der Abstieg führt über San Giorgio und San Gottardo (1329 m), dem obersten Weiler von Rimella. Auch hier lassen wir die Möglichkeit zur Einkehr nicht ungenutzt und geniessen fünf Sorten Ziegenkäse, zwei Sorten Kuhkäse und Ricotta sowie Speck und Coppa plus Tranksame. Wohl genährt nehmen wir die nächsten Stufen hinunter in Angriff. Der Donnerstag war ein besonderer Blumentag mit dem blühenden Vandellis Mannsschild und dem seltenen, leider noch nicht ganz aufgeblühten Strauss-Steinbrech. (Diesen konnten wir dann auf der Rückfahrt am Samstag weiter unten im Tal in Vollblüte und in grosser Anzahl bewundern.)
Am Freitag steht eine prachtvolle Wanderung mit beinahe alpinem Charakter auf dem Programm: Rimella - Pianello - hinauf zu den Alpen Bardal (leider zerfallen) und Hello (1744 m) - Höhenweg zur Alpe Res, der an verschiedenen Alpen vorbei führt und an einigen ausgesetzten Stellen sowie bei den Querungen von altem Lawinenschnee Vorsicht verlangt - Abstieg von der Alpe Res auf demselben Weg, den wir am Dienstag im Aufstieg (und Regen) sehr anders erlebt hatten.
Auf der Rückreise am Samstag machen wir verschiedene Stopps. Der erste gilt schon bald nach der Abfahrt dem Strauss-Steinbrech; dann folgen eine Kaffeepause in Omegna am Ortasee und ein Mittagessen in Crevodossola. So warm und sonnig wie heute war es die ganze Woche nicht, doch auf dem Simplonpass sollte es damit schon wieder zu Ende sein: Nebel und Regen empfangen und begleiten uns bis ins Tal.
Erfüllt von den vielfältigen Eindrücken treten wir den Heimweg an; wir alle haben diese Woche sehr genossen. Dafür geht unser herzlichster Dank an Alfons und Köbi! An Alfons geht zudem ein spezieller Dank für die Organisation und die Auswahl der einzigartigen Unterkunft sowie für die Wanderungen.
Schliesslich auch ein Dankeschön an Edi, der das zweite Transport-Auto gefahren d.h. am Sonntag einen Teil der Gruppe hingefahren und am Samstag wieder abgeholt und zurückgebracht hat.